Stickoxide (NOx) und Korrosion an elektronischen Bauteilen: Ursachen, Auswirkungen und Whisker-Bildung

Einleitung

In der modernen Elektronik spielen Zuverlässigkeit und Langlebigkeit elektronischer Bauteile eine zentrale Rolle. Eine oft unterschätzte Gefahr für diese Systeme geht von Luftschadstoffen, insbesondere Stickoxiden (NOx), aus. Diese gasförmigen Schadstoffe können in Verbindung mit Feuchtigkeit und anderen Umwelteinflüssen chemische Reaktionen auslösen, die zur Korrosion von Metallen und sogar zur Whisker-Bildung führen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Auswirkungen und den Zusammenhang zwischen NOx-Exposition und Schadensmechanismen bei elektronischen Komponenten.


1. Was sind Stickoxide (NOx)?

Stickoxide sind gasförmige Verbindungen aus Sauerstoff und Stickstoff, vor allem:

  • Stickstoffmonoxid (NO)
  • Stickstoffdioxid (NO₂)

Diese Gase entstehen hauptsächlich durch:

  • Verbrennungsprozesse (z. B. in Motoren, Heizungen, Industrieanlagen)
  • Schweiß- und Lötprozesse in der Elektronikfertigung
  • Emissionen aus städtischen und industriellen Bereichen

2. Ursachen für Korrosion durch NOx

NOx selbst ist nicht direkt stark korrosiv, aber in feuchter Umgebung bildet es Säuren:

  • NO₂ reagiert mit Wasser zu Salpetriger Säure (HNO₂) und Salpetersäure (HNO₃).
  • Diese Säuren greifen metallische Oberflächen an, insbesondere:
    • Zinn
    • Silber
    • Kupfer
    • Nickel

In Elektronikbauteilen befinden sich diese Metalle in Form von:

  • Leiterbahnen
  • Lötstellen
  • Kontakten und Steckverbindern

Die entstehende Säure führt zu elektrochemischer Korrosion, insbesondere unter Kondenswasserbedingungen oder in schlecht belüfteten Gehäusen.


3. Auswirkungen auf elektronische Bauteile

Korrosion verursacht vielfältige Probleme:

  • Erhöhung des elektrischen Widerstands
  • Kontaktverluste
  • Funktionsstörungen
  • Kurzschlüsse durch leitfähige Rückstände

Ein weiteres Phänomen im Zusammenhang mit Korrosion und Umweltstress ist die Whisker-Bildung.

Mischmetallische Verbindungen haben die folgende Characteristik

Quelle: NASA


4. Whisker-Bildung: Metallische Nadeln als Spätfolge

Was sind Whisker?

Metallische Whisker (meist aus Zinn) sind dünne, nadelartige Kristalle, die spontan aus der Metalloberfläche herauswachsen können – oft im µm-Bereich lang, aber elektrisch relevant.

Quelle: NASA

Auslöser für Whisker-Wachstum:

  • Mechanischer Stress (z. B. durch thermische Zyklen, intermetallische Phasen)
  • Korrosion durch NOx-induzierte Säuren, die Oxidschichten verändern
  • Diffusionsprozesse in bleifreien Zinnlegierungen (z. B. Sn auf Cu)
  • Lagerung in belasteter Umgebung (z. B. Industrieatmosphäre)

Stickoxid-induzierte Säurekorrosion kann lokale Spannungskonzentrationen erzeugen, was das Risiko von Whisker-Wachstum erhöht.

Quelle: Phoenix Contact

Folgen von Whiskern:

  • Kurzschlüsse zwischen Leiterbahnen
  • Störungen in Hochfrequenz- und Hochspannungsanwendungen
  • Latente Defekte, die schwer zu identifizieren sind

Quelle: NASA


5. Maßnahmen zur Vermeidung

Um die schädlichen Wirkungen von NOx zu reduzieren, sind folgende Maßnahmen empfehlenswert:

Design- und Fertigungsmaßnahmen

  • Einsatz von korrosionsbeständigen Materialien (z. B. Goldbeschichtungen)
  • Abdichtung von Gehäusen gegen Umwelteinflüsse
  • Plasmareinigung und Beschichtung empfindlicher Bereiche

Umweltschutz und Monitoring

  • Überwachung der Luftqualität in Reinräumen und Lagern
  • Nutzung von Aktivkohle- oder Chemiefiltern in Fertigungsumgebungen
  • Lagerung empfindlicher Komponenten unter Schutzatmosphäre (z. B. Stickstoff)

Whisker-Prävention

  • Verwendung von Whisker-resistenten Legierungen
  • Zugabe von Blei (wo erlaubt) oder andere Legierungspartner
  • Nachbehandlung (z. B. thermische Lagerung zur Entspannung)

Fazit

Stickoxide (NOx) stellen eine ernstzunehmende Gefahr für die Zuverlässigkeit elektronischer Bauteile dar. Über ihre Fähigkeit zur Bildung aggressiver Säuren fördern sie Korrosion und können auch die Whisker-Bildung begünstigen – eine der schwer kontrollierbaren Fehlerquellen moderner Elektronik. Eine ganzheitliche Betrachtung von Materialwahl, Umgebungsbedingungen und Fertigungsprozessen ist unerlässlich, um diese Risiken zu minimieren.



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